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Schreiben

... wie funktioniert das eigentlich bei dir?

[03.01.2018: In diesem Eintrag geht es um den mittlerweile vergriffenen Vorläufer der ersten drei Bände der Buchreihe Elche fangen ... Basiswissen für Berater und Führungskräfte, die 2017 im Weidenborn Verlag erschienen sind, und um den Vorläufer des vierten Bandes.]

 

Anlass dieser Frage von Kollegen und Freunden ist der Start der Arbeit am Nachfolger des Buchs "Basiswissen Consulting", in dem es um „Beobachtungen, Fragebögen und Interviews ..." gehen wird. Bei mir funktioniert das Schreiben unter anderem mit und durch diesen Blog.


Der Blog ist ein Instrument zur Reflexion. Reflexion heißt Lernen, andere Perspektiven einnehmen, Werte und Handlungen auf den Prüfstand stellen.

 

Der Blog ist ein Archiv. Ich kann andere, die zu einem Thema mehr wissen möchten, auf Blogeinträge hinweisen. In den PDF, die darin verlinkt sind, gibt es dann in der Regel weiteres Material, beispielsweise eine Literaturliste. Damit folge ich dem Motto, Wissen ist die einzige Ressource, die sich durch Teilen vermehrt.

 

Der Blog soll die Leser informieren, unterhalten, sie zum Nachdenken anregen, neue Ideen inspirieren und Dialoge eröffnen oder fortsetzen.

 

Der Blog ist auch ein Instrument zum Üben. Schreiben ist ein Handwerk, das ein Mensch durch Übung immer weiter verbessern kann. Einen Blog zu schreiben bedeutet, sich immer auch der Öffentlichkeit zu stellen. Als Wissenschaftlerin habe ich den Anspruch, nach den Regeln wissenschaftlichen Publizierens zu schreiben, also unter Quellenangabe etcetera. Als Autorin möchte ich den Leser informieren, unterhalten und inspirieren. Diese Ansprüche zu erfüllen, erfordert Übung.

 

Schreiben ist einfach. Schreiben kann schwer sein. Merkmale:
o Disziplin
o Routine
o Ungestört einige Stunden pro Tag
o Eine strukturierte Vorgehensweise

o Regeln haben Ausnahmen

 

Ein Buch schreiben funktioniert in meinem Fall ungefähr so:

 

o Die Idee entsteht. Zu "Basiswissen Consulting" entstand die Idee zum ersten Mal 1998, als ich als Consultant mit einem Kollegen aus einer anspruchsvollen Besprechung mit einigen Führungskräften des Klienten kam. Reif wurde die Idee, als Studierende 2011 nach einem Basisbuch zum Consulting fragten.  

o Arbeitstitel: Der kommt in der Regel sehr schnell, wie ein Spitzname. Das Projekt muss einen Namen haben, damit ich mich damit beschäftigen und identifizieren kann.
o Eine erste Beschreibung verfasse ich wie ein Exposé, einen Buchrückentext oder eine Zusammenfassung für eine Fachzeitschrift.
o Dann kommt die Struktur, das Inhaltsverzeichnis. Das Grobkonzept ist einfach: Einleitung, Hintergründe, Teil A, Teil B, ..., "Werkzeugkoffer", der Beispiele, ein Literaturverzeichnis und vielleicht einige Anleitungen enthalten soll. Schließlich Stichwortverzeichnis und Dank. Kapitel und Abschnitte skizziere ich meist in einer Mindmap.

 

Dann oder nachdem ich ein Kapitel geschrieben habe, ziehe ich los, und versuche einen Verlag zu finden, wie vor zwei Wochen auf der Buchmesse, und beschäftige mich außerdem mit den Pros und Cons des Selbstpublizierens. Danach hilft keine Ausrede mehr, auch kein Hausputz, dann geht es ans Schreiben.

 

Dazu muss ich täglich mehrere Stunden Zeit haben: zum Spazierengehen und für die Arbeit am Schreibtisch. Mindestens zweimal muss ich mich für mindestens eine Woche aus meinem Alltag ausklinken: ich brauche einen Ort, an dem ich mich ungestört rund um die Uhr mit dem Buch beschäftigen kann. Das heißt nicht, dass ich rund um die Uhr schreibe, sondern einfach nur, keine Störungen durch andere berufliche oder private Verpflichtungen und Vergnügen. Keine Sorge, das Ausklinken macht sehr viel Freude: ich gehe noch mehr Spazieren oder Schwimmen.

 

Und was machst du, wenn dir nichts einfällt? Wie gehst du mit Schreibblockaden um?


Das Leichte am Schreiben von Sachbüchern ist: sie bestehen aus vielen Kapiteln und Einzelaspekten. Irgendetwas fällt einem dazu immer ein. Dieses "irgendetwas" ist der springende Punkt. Wenn ich mich hinsetze zum Schreiben, tue ich genau das: Schreiben. Die Sätze können noch so verquast sein, ich habe Material, mit dem ich arbeiten kann. Natürlich gibt es Tage, an denen es einfach läuft, und es gibt Tage, an denen nicht viel heraus kommt.

 

Mit dem Schreiben habe ich im Sommer 1997 begonnen. Es waren zunächst Handbücher für Klienten in einer Unternehmensberatung. Mit meiner Doktorarbeit begann ich im Dezember 1997. Meine erste Schreibblockade hatte ich drei Monate später. Heftig. Es ging gar nichts. Gerettet haben mich Bücher anderer Autoren, mein Doktorvater, der mir eine Oberärztin als Lektorin an die Seite stellte und mein Arbeitgeber, der mich zu einem Workshop über das Schreiben fahren lies. Durchgeführt hat diesen Workshop John Smith, damals Herausgeber des British Medical Journal. In sechs Stunden habe ich von diesem Mann mehr gelernt, als in manch anderem semesterlangen Seminar. Seine Schlüsselfrage lautete: Who is the audience? Seine Kernaussage war: If you don't need it cut it out. Anders gesagt: Kenne, informiere und unterhalte deine Leser, langweile sie nicht.

 

Dann kam Umberto Ecos "Wie man eine wissenschaftliche Abschlussarbeit schreibt" (ISBN 3-8252-1512-1). Sein Buch war ein wichtiger Begleiter während meiner Abschlussarbeit im Public Health Studium.

 

Weitere Autoren habe ich kennen gelernt, als ich mit der Paper Route die Frage von Studierenden beantwortete, wie eine Abschlussarbeit funktioniere. Besonders wichtig waren für mich Lyn Duprés "Bugs in Writing" (ISBN 0201137921X) und William Zinssers "Schreiben wie ein Schriftsteller". Zinsser schreibt: "Ich mag nicht schreiben (ich mag es lieber, geschrieben zu haben). Aber das Überarbeiten liebe ich sehr." (S. 95, in ISBN 3-932909-72-0, deutsche Erstausgabe). "Irgendetwas" zu schreiben, ist also der Anfang.

 

Die Schreibblockade 1998 war schlimm, weil ich nach anfänglichem Enthusiasmus nicht mehr an mich und an meine Doktorarbeit geglaubt habe. Die zweite wichtige Säule, um überhaupt schreiben zu können, ist dieser Glaube an sich selbst. Er wird in meinem Fall auch von Menschen unterstützt, die davon überzeugt sind, dass ich gute Bücher schreiben kann, und die das Thema wichtig finden. Gute Bücher, darüber müssen die Leser entscheiden.

 

Die ersten und für den Entstehungsprozess wichtigsten Leser sind die Lektoren. Seit fünfzehn Jahren bin ich es als Consultant und als Wissenschafterin gewöhnt, für andere Lektorin zu sein. Seit genauso langer Zeit habe ich das große Glück, unter Kollegen und Freunden immer wieder hervorragende Lektoren zu finden.

 

Menschen, die dies tun, weil es ihnen Freude macht, und die dies in hervorragender Qualität tun. Für "Basiswissen Consulting" war es ein Kleeblatt aus zwei Informatikern und zwei Sozialarbeitern, drei Frauen und ein Mann. Natürlich hat auch die Verlagslektorin einen wichtigen Anteil gehabt. Es waren in diesem Fall also fünf. 

 

Schreiben ist der Job am Schreibtisch und die Zusammenarbeit mit vielen Menschen. Beides macht sehr viel Freude.

 

Christa Weßel - Mo, 28. Oktober 2013

 

Quellen [hinzugefügt am 03.01.2018]

  • Eco U. Wie man eine wissenschaftliche Abschlussarbeit schreibt. Doktor-, Diplom- und Magisterarbeit in den Geistes- und Sozialwissenschaften. Übersetzung von Walter Schick. 13. Auflage. Italienische Erstauflage 1977. Heidelberg, UTB 2010.
  • Weßel C. Paper Route - Ein Leitfaden zur Anfertigung einer wissenschaftlichen Arbeit. Manuskript. Aachen: RWTH Aachen, Institut für Medizinische Informatik 2004. - pdf 
  • Zinsser W. Schreiben wie ein Schriftsteller. Fach- und Sachbuch, Biografie, Reisebericht, Kritik, Business, Wissenschaft und Technik. Berlin, Autorenhaus-Verlag 2001.

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