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Wertschöpfung durch Wertschätzung

Change Management der etwas anderen Art

Pflanze am Strand

So anders im Sinn von neu ist die Art des Change Management nicht, um die es hier gehen soll. Seit einigen Jahren erkennen mehr und mehr Unternehmensleitungen, dass ein Paradigmenwechsel Sinn macht. Weg vom rein ökonomischen Profitdenken, das mit Sparwut und Optimierungszwang einhergeht und Menschen zu austauschbaren Ziffern macht, hin zu einer mitarbeiterzentrierten Perspektive, denn

 

Mitarbeiter sind die wichtigste Ressource, die ein Unternehmen hat

Ihr Wissen und ihr Engagement sind unersetzlich. Wenn sie erst einmal verloren gegangen sind, sind sie nur mit hohem Aufwand und vielleicht sogar gar nicht wiederbeschaffbar.

Menschen brauchen die Möglichkeit zur Entfaltung und zur Übernahme von Verantwortung - so viel sie persönlich wollen, manche wollen wenig, manche viel. Menschen brauchen Anerkennung und soziales Aufgehoben sein. Sie müssen einen Sinn in ihrer Arbeit sehen und Freude und auch Spaß daran haben. Für manche kommt der ganz bestimmte Kick hinzu. Sei es in gefährlichen oder extrem verantwortungsvollen Berufen.

Bodo Janssen, der Inhaber und Geschäftsführer von upstalsboom, Jos de Blok, der Gründer von buurtzorg, Dennis Bakke, der Manager, der durch das Buch "Joy at work" bekannt wurde und noch viele andere, die zum Beispiel in F. Laloux' Buch "Reinventing Organizations" zu finden sind, haben dies in den letzten Jahrzehnten erkannt. Die gute Nachricht: es werden immer mehr.

 

Was löst einen solchen Perspektivenwechsel aus?

Für den einen ist es eine kalte Dusche, wie Bodo Janssen sie durch eine desaströse Mitarbeiterumfrage zur Führungskompetenz in seinem Unternehmen erhalten hat. Für den anderen ist es die eigene Unzufriedenheit mit einem gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Klima, das nur nach Profit schaut und nicht auf die Menschen, die bei Krankheit und Alter eine menschenwürdige Pflege erhalten sollen. Jos de Blok hat daraufhin Buurtzorg gegründet.

 

Was zeichnet Menschen aus, die solch einen Change voranbringen?

In meinen Augen sind sie offen, mutig, entschlossen, ausdauernd, in ihrem Gebiet fit und sie arbeiten mit anderen auf Augenhöhe. Sie setzen Vertrauen in die Fähigkeiten anderer und andere vertrauen ihnen.

 

Warum jetzt?

Ein Manager in einem Film über upstalsboom hat es auf den Punkt gebracht: "Viele Unternehmensverantwortliche  benehmen sich wie im Liegestuhl auf der Titanic und denken, sie könnten dieser radikalen Veränderung, die auf sie zukommt, ohne radikale Veränderung des eigenen Unternehmens entgehen." (N.N. in "Die stille Revolution" - Trailer auf http://www.upstalsboom.de/filme.html)

 

Und wozu?

Kaum zu glauben für viele "klassische" Ökonomen und Manager:

 

Wertschöpfung durch Wertschätzung funktioniert.

Zufriedene Mitarbeiter sind gesünder, engagierter, kreativer, effektiver und effizienter. Das schlägt sich in Kundenzufriedenheit und guten Arbeitsabläufen nieder (kleiner Gruß an die Prozessoptimierer: Kommunikation statt Dokumentation) - denn: die Produkte, also Waren und Dienstleitungen werden immer besser. Continued Quality Management based on Appreciation. (Vielleicht sollte ich das mal an David Cooperrider und Kollegen schreiben. Nicht nötig. Die Mütter und Väter der Wertschätzenden Erkundung, der Apppreciative Inquiry wissen das schon lange.)

 

Wie?

Change, Veränderung, Wandel sind nicht gratis und ohne Aufwand zu haben. Es geht um eine Änderung der Haltung vor allem in den Unternehmensleitungen und im Management. Die Mitarbeiter kommen sowieso mit, sie sehnen sich danach. Und dann gilt es, diese Haltung in machbare Schritte münden zu lassen.

Bodo Janssen hat sich immer mal wieder in ein Kloster zurückgezogen. Andere gehen in die Berge oder  segeln.

Wenn Sie neben den Beispielen in meinen Blogs und den Originalveröffentlichungen zu "Reinventing Organizations" und zu "Appreciative Inquiry" eine Tatsachengeschichte mit sehr schönen Bildern aus dem Norden (natürlich an der Küste) hören und sehen wollen, empfehle ich Ihnen die Filme über upstalsboom.

 

Die Change Manager von morgen

Einigen von ihnen bin ich in den letzten Wochen an der DHBW Mannheim begegnet. Nachdem ich seit mehr als sechs Jahren in der Wirtschaftsinformatik das Fach "Consulting" unterrichte, ist nun das Seminar "Change Management" hinzugekommen. Ein sehr dichtes Setting. 28 Studierende, 7 Kleingruppen für die Seminararbeiten, 4 Termine à 5 Unterrichtseinheiten. Alle Arbeiten zum Abschlusstermin dreißig Tage nach Seminarstart (31.5. bis 30.6.) abgeschlossen und von der Dozentin reviewed und benotet. (In "Consulting" haben wir viereinhalb mal soviel Zeit und es sind ungefähr halb so viele Studierende.)


Die Arbeit der Studierenden war auch in diesem Seminar wieder engagiert und reflektiert. Klar, es gab Müdigkeitserscheinungen. Ging dann aber. Kaffee hat geholfen und der fortlaufende Perspektivenwechsel, sowohl körperlich als auch in den Lernmethoden.

Fünf Gruppen nutzten die Möglichkeit, eigene Changefälle zu entwickeln und zu bearbeiten. Zwei nahmen das Angebot wahr, Beispielfälle zu verwenden. Alle Arbeiten sind gut bis sehr gut geworden und ich freue mich sehr, dass auch in diesem Seminar eine Arbeit dabei ist, die ich für so lesenswert halte, dass ich die Studierenden gebeten habe, sie hier für eine online-Veröffentlichung zugänglich zu machen. (Im Januar 2012 und im November 2015 habe ich das auch gemacht - Blog vom 02.11.2016). Die Arbeit ist

  • Barske T, Götz K, Hose A, Nagel P. IT-Outsourcing am Beispiel der Pantz KGaA. Seminararbeit im Fach Change Management. Mannheim, DHBW Mannheim – Studiengang Wirtschaftsinformatik 2016. (PDF)

Ja, ich bin davon überzeugt: Der Change "Wertschöpfung durch Wertschätzung" wird weiter um sich greifen. Menschen jeder Generation sind sich seiner Bedeutung und seiner Stärke bewusst. Einige von ihnen stecken gerade in den Abschlussmonaten ihres Bachelorstudiums Wirtschaftsinformatik.


Christa Weßel - Samstag, 9. Juli 2016

 

Quellen [am 28.01.2018 aktualisiert]

Seminare auf Veränderung Gestalten Lernen

Blogrubrik Organisationsentwicklung

 

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