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"Was wird aus meiner Abschlussarbeit

wenn ich länger krank bin?" Die Sache mit dem Vertrauen

Nach meinem Blog vom 14.01.12015 "Respekt, Vertrauen und Wertschätzung ... auch für Studierende" regte ein Kollege von der DHBW Mannheim an, in dieser Frage an der Hochschule nachzufragen. Auch diese Hochschule will von Studierenden und ihren Ärzten detaillierte Auskünfte.

Während einer Abschlussarbeit zu erkranken ist für Studierende mehr oder weniger ein Albtraum. Auf keinen Fall gehen Studierende damit leichtfertig um. Diese Erfahrung habe ich als Studentin und seit 2002 als Betreuerin von Abschlussarbeiten gemacht. Dazu zählen sechs Doktorarbeiten, außerdem Diplom- (4), Master- (5) und Bachelorarbeiten (4 plus 3 laufende). Hinzu kommen 16 Studienarbeiten (im Diplomstudiengang Informatik an der RWTH Aachen entsprach dies ungefähr einer Bachelorarbeit) und 47 Seminararbeiten (in Kleingruppen von je zwei bis vier Studierenden).

Nach den lakonischen Antworten, die ich bereits in den Recherchen zu meinem Blog vom 14.01.2015 erhalten hatte, und Aussagen wie "unsere Juristin hat in der Fakultätssitzung darauf hingewiesen, dass ein Grund (Diagnose) bekannt sein muss, da die Hochschule über die Tauglichkeit entscheide und nicht der Arzt" entschied ich mich für eine erneute Recherche zu Prüfungs- und Studienordnungen. Ich wollte wissen, worauf sich die Hochschulen stützen. Was steht genau in den Prüfungs- und Studienordnungen?

Auf Anregung des Kollegen aus Mannheim habe ich die DHBW untersucht. Die DHBW Baden-Württemberg hat neun Standorte. Zwei davon habe ich mir näher angesehen: Stuttgart und Mannheim. Stuttgart, weil dies der Standort am Hauptsitz ist, Mannheim, weil ich dort lehre.

 

fernglas

"Krankheit" in der Prüfungsordnung

Es geht um § 9 "Versäumnis, Rücktritt, Täuschung, Ordnungsverstoß" der Prüfungsordnung im Studiengang Wirtschaft [1]:

"(1) ...
Der für das Versäumnis oder den Rücktritt geltend gemachte wichtige Grund muss der Studienakademie oder dem Prüfungsausschuss unverzüglich schriftlich angezeigt und glaubhaft gemacht werden. Bei Krankheit ist unverzüglich ein ärztliches Attest vorzulegen; in Zweifelsfällen kann die Studienakademie ein Attest eines von ihr benannten Arztes verlangen."

Für längere Erkrankungen  - dies war mein Ausgangsfrage im Blog am 14.01.2015 gewesen - ist auch § 11 von Bedeutung: Schutzfristen; Nachteilsausgleich - Absatz (3) ..  wegen länger andauernder Krankheit ... .

Interessant, dass Erkrankungen nicht in der Überschrift des § 9 genannt sind. Auf diesen beziehen sich Hinweise und Formulare, um die es weiter unten geht. Sehr wohl genannt sind in der Überschrift Täuschung und Ordnungsverstoß. Was denkt die Hochschule von ihren Studierenden?

 

Bescheinigung der Prüfungsunfähigkeit

§ 9 ist die Grundlage. Im "Formular für die Bescheinigung der Prüfungsunfähigkeit" wollen die Hochschulen vom Arzt Folgendes:


"Beschreiben Sie bitte hier die gesundheitliche (ausschließlich prüfungsrelevante Beeinträchtigung bzw. die Symptome und die Auswirkung auf die Leistungsfähigkeit so ausführlich, dass die Beurteilung durch die Studienakademie, ob Prüfungsunfähigkeit vorliegt, möglich ist. Die genaue Bezeichnung der Krankheit ist nicht erforderlich, kann aber nach Absprache mit der Patientin/dem Patienten freiwillig angegeben werden."  DHBW Stuttgart [3]

"Bitte archivieren Sie die gesundheitlichen Symptome (ausschließlich prüfungsrelevante Beeinträchtigung) und die Auswirkung auf die Leistungsfähigkeit so ausführlich, dass die Beurteilung durch die Studienakademie über das Vorliegen einer Prüfungsunfähigkeit im Einzelfall möglich ist. Die genaue Bezeichnung der Krankheit ist nicht erforderlich, kann aber nach Absprache mit der Patientin/dem Patienten freiwillig angegeben werden. Die Prüfungskommission behält sich vor, die Prüfungsunfähigkeit ggf. amtsärztlich bestätigen zu lassen." DHBW Mannheim [4]

Was meinen die Mannheimer mit "archivieren"?

 

Erläuterungen und Formulare für die Studierenden - finden

Die DHBW Stuttgart ist in ihrer Netzpräsenz klar und übersichtlich. Hier lassen sich Prüfungs- und Studienordnungen und das Vorgehen bei "Krankheitsbedingter Abwesenheit bei Prüfungsleistungen" mit Hinweisen und einem Formular rasch und klar finden. Es gibt den Bereich "Service" mit dem Stichwortverzeichnis "A-Z". Dort werden Sie unmittelbar hin verwiesen, wenn Sie in der Suchfunktion "Krankheit" eingeben: „Krankheitsbedingte Abwesenheit bei Prüfungsleistungen“ - http://www.dhbw-stuttgart.de/service/a-z/krankheit/?L=0


Die Stuttgarter schreiben dort  im -  über den Link "Hinweisen zur krankheitsbedingten Abwesenheit bei Prüfungsleistungen" zugänglichen -  PDF "Versäumnis und Rücktritt von Prüfungsleistungen wegen Krankheit" [2]:
"... 
Die Studienakademie muss sich aufgrund der ärztlichen Angaben ein eigenständiges Urteil über Ihre Prüfungsfähigkeit bilden können. Die Beantwortung der Rechtsfrage, ob Prüfungsunfähigkeit vorliegt, ist grundsätzlich nicht Aufgabe des Arztes. Das Attest muss deshalb die aktuellen krankheitsbedingten Störungen so konkret und nachvollziehbar beschreiben, dass die Studienakademie die ihr obliegende Entscheidung, ob tatsächlich Prüfungsunfähigkeit besteht, bzw. bestand, treffen kann. Das ärztliche Attest muss sich ausschließlich auf die prüfungsrelevanten Störungen beziehen. Aus datenschutzrechtlicher Sicht erscheint es daher empfehlenswert, den Arzt über Art/Umfang, etc. der Prüfung zu informieren.
..."

Dieser Meinung bin ich nicht. Dies sehe ich im Vorgehen anderer Hochschulen bestätigt - siehe Blog vom 14.01.2015.

Auf derselben Seite "Krankheitsbedingte Abwesenheit bei Prüfungsleistungen" steht auch das "Formular für die Bescheinigung der Prüfungsunfähigkeit" [3]

Die leichte Auffindbarkeit und klare Darstellung der DHBW Stuttgart im Netz ist sehr hilfreich für die Auseinandersetzung mit dem Thema.

Im Webauftritt der DHBW Mannheim können Nutzer (Studierende und andere) im Downloadbereich fündig werden: http://www.dhbw-mannheim.de/download-center/. Klicken Sie sich solange durch bis Sie in den Bereichen "Studierende Wirtschaft" oder "Studierende Technik" auf dasselbe PDF [4] treffen. Die Suchfunktion zu nutzen ist deutlich weniger hilfreich.

Eine Erläuterung, wie sie die Stuttgarter mit dem PDF "Hinweise zur krankheitsbedingten Abwesenheit bei Prüfungsleistungen" bieten, habe ich in Mannheim nicht gefunden. Dort bleibt dann noch immer die Möglichkeit, Studiengangsleiter oder Sekretärinnen zu fragen, ob es dazu etwas gibt.

 

Fazit

Es wäre schön, wenn die DHBW an allen Standorten in ihrer Netzpräsenz ein Studierenden-orientierten Servicebereich anlegt - oder einfach einen für alle - mit der Klarheit der Darstellung, die es in Stuttgart bereits gibt.


Vor allen hoffe ich, dass die DHBW und andere Hochschulen ihr Vorgehen in Bezug auf Krankheit, Prüfungsunfähigkeit und dem Inhalt ärztlicher Atteste überdenken. Dies bedeutet auch, dass die Mitglieder dieser Hochschulen ihr Selbstverständnis und ihre Werte reflektieren: Vertrauen wir Studierenden und ihren Ärzten? Wenn nicht, warum ist das so und wie können wir Vertrauen aufbauen?

Einige Hochschulen vertrauen - sich selbst, den Studierenden und ihren Ärzten. Beispiele habe ich im Blog vom 14.01.2015 genannt.

 

Christa Weßel - Mittwoch, 21. Januar 2015

 

Quellen [Links geprüft und aktualisiert am 20.01.2018]


[1] Duale Hochschule Baden-Württemberg. Präsidium. Studien- und Prüfungsordnung für die Bachelorstudiengänge im Studienbereich Wirtschaft der Dualen Hochschule Baden-Württemberg (DHBW). Amtliche Bekanntmachungen der Dualen Hochschule Baden-Württemberg Nr. 9/2011 (22.09.2011)
Stuttgart: http://www.dhbw-stuttgart.de/fileadmin/dateien/Amtliche_Bekanntmachungen/9_2011_StuPrO_Wirtschaft.pdf
Mannheim: http://www.am.dhbw-mannheim.de/fileadmin/dhbw/download-center/pruefungsordnungen/StuPrO_Wirtschaft_2011.pdf

[2] Duale Hochschule Baden-Württemberg Stuttgart. Versäumnis und Rücktritt von Prüfungsleistungen wegen Krankheit. Stand: 04/2014. - http://www.dhbw-stuttgart.de/fileadmin/dateien/Downloads/Versaeumnis_und_Ruecktritt_von_Pruefungsleistungen.pdf

[3] Duale Hochschule Baden-Württemberg Stuttgart.  Formular für die Bescheinigung der Prüfungsunfähigkeit. (Ärztliches Attest nach § 9 Abs. 1 StuPrO DHBW vom 18.05.2009) - http://www.dhbw-stuttgart.de/fileadmin/dateien/Downloads/Bescheinigung_Pruefungsunfaehigkeit.pdf  -- [20.01.2018] https://www.dhbw-stuttgart.de/fileadmin/dateien/Downloads/Formular_Antrag_Pr%C3%BCfungsr%C3%BCcktritt.pdf 

[4] Duale Hochschule Baden-Württemberg Mannheim. Formular für die Bescheinigung der Prüfungsunfähigkeit (Ärztliches Attest nach § 9 Abs. (1) StuPrO DHBW vom 22.09.2011) - http://www.dhbw-mannheim.de/fileadmin/dhbw/download-center/ZentralerStudienservice/Formular_Bescheinigung_Pruefungsunfaehigkeit.pdf  -- [20.01.2018] http://www.ac.dhbw-mannheim.de/fileadmin/ms/bwl-st/downloads/Formular_Bescheinigung_Pruefungsunfaehigkeit.pdf

 

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