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Gestalt_en wachsen

kleine und große Schuhabdrücke am Strand

"Es geht mir sehr gut. [...] Das Schreiben kommt zur Zeit recht kurz, wenn ich von Protokollen, Fachartikeln und Websites absehe. Ich habe ja noch nicht einmal die mir selbst auferlegte Pflicht des Blogeintrages nach jedem Gestalt Seminar erfüllt. Finde ich dieses Mal auch schwierig, vielleicht, weil der leere Stuhl für mich noch so komplex ist, dass ich noch nicht darüber berichten mag. Vielleicht auch, weil ich Protokoll geführt habe und auch mit mir selbst und der Gruppe (in dieser Reihenfolge ;o) so vieles passiert ist."

Eine mitlernende Gestalt - wie wir einander in unserer Ausbildung nennen - hatte mich gefragt, wie es mir geht. Der Zugang zum Schreiben und Berichten fällt mir dieses Mal etwas schwerer. Mache ich es also wie von Nathalie Goldberg empfohlen (Blog vom 13.01.2016), schreibe ich erst einmal über das Schreiben - und schmeiße diese Absätze vielleicht nachher raus. Vielleicht auch nicht.

Was war denn nun?
Es ging um das Thema Wachsen. Das erste Jahr der dreijährigen Gestaltausbildung widmet sich in den Seminaren vor allem der Selbsterfahrung. Zuerst einmal gilt es, uns selbst zu begegnen durch die Begegnung mit anderen (Buber, Blog vom 13.04.2016) und daran und dadurch zu wachsen.

Dazu gehört, Wahrnehmung zu üben, sich auf andere und sich selbst einzulassen und Teil einer Gruppe und der Arbeit zu zweit oder dritt sein zu wollen.

Nachdem ich in den ersten sechs Monaten der Ausbildung - es sind eigentlich schon acht, wir sind im Oktober 2015 gestartet - sehr viel gelesen habe, geht es seit ein paar Wochen vermehrt los mit dem Ausprobieren, dem genauer Hinschauen und Fühlen (!) und dem Experimentieren.

Unter Experimentieren verstehe ich etwas anderes als unter Ausprobieren. In einem Experiment verstelle ich bewusst Ausgangs- und Randbedingungen. Beim Ausprobieren lasse ich mich auf etwas ein so, wie es gerade kommt.

In diesem Juni-Seminar habe ich Protokoll geführt. Jede/r von uns ist einmal dran. Eine sehr interessante Erfahrung. Das ist sicher nicht das erste Protokoll, dass ich mache. Es ist aber das erste, bei dem ich rasch zwischen routiniertem Mitschreiben, Übungen und auch hoher Emotionalität - eben Selbsterfahrung - wechseln musste.

In beruflichen Settings ist das eher selten. Wenn es einmal hoch her geht, beispielsweise mit Patienten oder Klienten, ist da immer noch die Rolle und Aufgabe der Ärztin und Beraterin, die ruhig bleibt und den Prozess am Laufen hält.

In den Gestalt-Seminaren machen wir nicht nur Übungen und Einzelarbeiten. Wir gehen auch auf die Meta-Ebene und besprechen mit den Leitenden theoretische Aspekte - immer in Bezug auf die Praxis, die wir gerade erleben. Dieses Mal ging es um den Leeren Stuhl [*] und andere Symbole  wie beispielsweise Kissen und Decken, die für Teile unserer Person oder auch andere Personen stehen können und mit denen wir - Klient und Begleiter - arbeiten. Der Begleiter ist dabei Regisseur und absolut neutral. Er muss sich sehr konzentrieren. Es können rasch mehr als zwei Anteile werden.

Sehr spannend fand ich an diesem Wochenende die Arbeit mit Skulpturen. Hier sind dann nicht mehr Gegenstände Stellvertreter für Personen sondern Menschen. Um so arbeiten zu können, braucht es in der Gruppe ein hohes Vertrauen zueinander, eine geschützte Atmosphäre und eine sehr erfahrene Gastalttherapeutin. An diesem Samstag im Odenwald war alles drei gegeben.

Auf diese Weise ist Wachsen etwas sehr Berührendes. Manchmal mit ein bisschen Wachstumsschmerzen. Meist mit sehr viel Lachen und Energie.

[*] Der Leere Stuhl ist nicht der heiße Stuhl, der durch die aufgezeichneten Gespräche von Fritz Perls mit Klienten vor Publikum berühmt wurde.

Christa Weßel - Freitag, 10. Juni 2016

Blogrubrik Organisationsentwicklung

 

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