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It's all about communication

IT-Abteilungen in Krankenhäusern

Heidelberg

Nach einigen Jahren Pause war es wieder soweit, es passte terminlich und ich konnte an einem Treffen der Arbeitsgruppe mmwKIS teilnehmen. Thema gestern im Mathematikon der Uni Heidelberg: Wie professionell sind IT-Abteilungen in Krankenhäusern aufgestellt?

Die Akteure: Medizin- und Wirtschaftsinformatiker, Informatiker, Ökonomen und eine Ärztin. Die meisten Wissenschaftler und drei Praktiker - Leiter von IT-Abteilungen - und eine Organisationsentwicklerin und Coach. Insgesamt knapp zwanzig Menschen, die aus Leipzig, Osnabrück, Chemnitz, Stuttgart, Frankfurt und Heidelberg angereist waren. Auch in Heidelberg lässt es sich reisen.

Dazu eine kurze Parenthese. Nach einem Frühtermin noch in Frankfurt hatte ich einen frühen Zug nach Heidelberg genommen und konnte die Stadt ein wenig erkunden. Es gibt zig Bilder online. Was mich faszinierte, waren die Teerarbeiter in der Hauptstraße.

 

Kommunikation & Professionalität

Zurück zum Workshop. Die Arbeitsgruppe mwmKIS, bis vor einem Jahr von Professor Alfred Winter, Uni Leipzig und seit 2015 von Franziska Jahn, ebenfalls Uni Leipzig, und Jan-David Liebe, Hochschule Osnabrück, geleitet, beschäftigt sich unter anderem mit Aufgaben und Werkzeugunterstützung von IT-Abteilungen in Krankenhäusern.

Nach einigen Vorträgen und einem hervorragenden Mittagessen teilten wir uns in vier Gruppen auf:

  • Professionalität des IT-Personals
  • Kommunikation mit der Krankenhausleitung
  • Professionalität der Methoden
  • Professionalität der Werkzeuge in IT-Abteilungen

Angelehnt an JFK war bei der Auswahl der Gruppe für uns alle ausschlaggebend: nicht, was kann die Tagung mir bringen, sondern, was kann ich für die anderen tun. Also bin ich in die Kommunikationsgruppe.

 

Verknüpfen: Theorie & Praxis und Jung & alt

Spannend war in unserer Gruppe: Einer fragte immer wieder nach Tools, also IT-Instrumenten, mit denen wir Kommunikation unterstützen können. Damit bekamen wir eine gute Balance hin, denn als Organisationsentwicklerin bin ich vor allem auf der Beziehungs- und Kontaktebene unterwegs. Watzlawicks Eisbergmodell verdeutlicht, warum: Fakten machen in unserer Kommunikation nur einen kleinen, den offensichtlichen Teil aus. Beim Eisberg ist es das Achtel, das über die Wasseroberfläche ragt. Der größte Teil des Eisbergs, sieben Achtel, sind unter Wasser. Gefühle und Beziehungen machen den größten Anteil in der Kommunikation aus - negative wie positive.


Außerdem waren in unserer Gruppe zwei junge Menschen, deutlich unter dreißig, die großen Wert auf Respekt und den Beitrag aller zu einer guten Kommunikation legten, also Geschäftsführung, IT-ler und medizinisches Personal. Es wurde auch deutlich, dass sich die Frage, ob Menschen digitale Kommunikationswerkzeuge in ihrer Arbeit umfassend nutzen, sich bald nicht mehr stellen wird, sondern nur, wie sie sie nutzen.

Damit sind wir beim Praktiker in unserer Gruppe. Anhand seines Alltag als IT-Leiter und auch aus den Erfahrungen von uns anderen konnten wir die vier Fragen für die Gruppenarbeit untersuchen. Von meinem Kollegen mit den Tools und von mir weiß ich: wir haben uns Jahre in Krankenhäusern getummelt und tun es mehr oder weniger weiterhin. Da ich Ärztin bin, konnten wir auch die Perspektive der wichtigsten Kunden der IT im Krankenhaus einnehmen: die der Leistungserbringer: ohne medizinisches Personal keine Patientenpflege und -behandlung und damit kein Krankenhaus.

Folgende Fragen haben wir bearbeitet:

  • Was bedeutet bedeutet Professionalität in diesem Themenbereich?
  • Wie ist der Ist-Zustand auf Basis der heute vorgestellten Ergebnisse / des Fallbeispiels / der eigenen Erfahrungen?
  • Definieren Sie einen Soll-Zustand.
  • Durch welche Maßnahmen kann der Sollzustand erreicht werden?

 

Klären & Entwickeln mit den 8+1 W

Wir orientierten uns dabei an den 8+1 W: Wozu? Warum? Was? Wer? Mit Wem / für Wen? Wie? Wann? Wo? Und: Woher? Nachdem wir das "Was" geklärt hatten - was ist Kommunikation und über welche Kommunikation sprechen wir hier? - gingen wir zum Wer und Wie über und entwickelten anhand der Gegenüberstellung von professionellem und unprofessionellem Arbeiten, was für eine gute Kommunikation erforderlich ist und welche Maßnahmen diese unterstützen können.

 

Was

In der Kommunikation geht es um den Austausch von Daten und Informationen. Dann um einen Dialog, um vom anderen zu lernen. Und schließlich geht es um Diskussionen, die der Entscheidungsfindung dienen.

 

Wer

IT-Leitung kommuniziert mit der Geschäftsführung, die aus einer, drei oder mehr Personen bestehen kann. Nur sehr selten ist die IT-Leitung selbst Teil der Geschäftsführung.

Dies ist bedauerlich, da ohne IT kein Krankenhaus in Deutschland mehr arbeitsfähig ist und es noch viel zu tun gibt, bis sich Geschäftsführungen und andere Entscheider über den indirekten und sehr hohen Nutzen des Unterstützungsprozesses "IT" im Klaren sind und entsprechend handeln. Solange Kostenfragen im Vordergrund stehen und Investitionen nicht nachhaltig und proaktiv erfolgen, kann IT im Krankenhaus nicht den Nutzen erbringen, zu dem sie in der Lage ist.

Zurück zur Kommunikation mit der Geschäftsführung. Es handelt sich also nach Watzlawick um eine asymmetrische Kommunikation. Es liegt ein hierarchisches Gefälle vor.

 

Wie

Die Berichte erfolgen jährlich, monatlich und bei besonderen Anlässen. Diese und weitere Daten sind - in unserem Fallbeispiel - kontinuierlich im Intranet abrufbar. Mehr oder weniger alle Mitarbeiter haben Zugang zu diesen Informationen.

Die Gespräche führt die IT-Leitung zu zweit, beispielsweise mit dem für die IT zuständigen Mitglied der Geschäftsführung. Oftmals ist dies der Kaufmännische Direktor. Hier geht es vor allem um das taktische und operative Geschäft. Strategieentwicklung und Beschlüsse zur Strategie erfolgen in Gremien, die zum Beispiel von der erweiterten Krankenhausleitung gebildet werden. In unserem Fallbeispiel sind dies unter anderem Leitungen regional verteilter Einrichtungen.

 

Ist und Soll im Krankenhaus

Das Ist zeichnet sich oftmals durch unprofessionelles Verhalten in der Vorbereitung und der Durchführung von Gesprächen und Besprechungen aus – wie: nicht vorbereitet, unpünktlich und nicht interessiert. In unserer Gruppe sind wir unmittelbar dazu übergegangen, wie das Soll aussehen sollte.

Berichterstattungen, Gespräche und Besprechungen sollten

  • strukturiert sein,
  • Wiedererkennungswert haben,
  • an Vorhergehendes anknüpfen,
  • zukünftige Trends aufzeigen,
  • Daten, Fakten und Strategien behandeln.
  • IT-Strategie, Taktik und Umsetzung müssen sich an die Unternehmensstrategie anlehnen (strategic alignment).
  • Anlass, Nutzen und Argumentationskette müssen für alle, auch und gerade die Nicht-ITler, erkennbar sein.
  • Zentral ist eine gute Verdichtung von Berichten. Weder Geschäftsführung noch Kliniker haben Zeit und Lust, sich mit langwierigen Darstellungen auseinanderzusetzen.

Wie formulierten die beiden jungen Kollegen es so schön: Es braucht gute Management Summaries. Die Geschäftsführer haben doch gar keine Zeit und damit Lust, weit ausholende Darstellungen aufzunehmen.

Und damit schloss sich der Bogen: Wie kriegen wir das hin, als IT-ler und als Geschäftsführung und als "ganz normale Mitarbeiter"? Alle müssen ihren Beitrag dazu leisten und dieser sollte aus drei Teilen bestehen:

  • Tools, also eine sehr gute digitale und gegebenenfalls auch papierbasierte Berichterstattung.
  • Haltung, die von Respekt, Zuhören, Zuverlässigkeit und Wertschätzung geprägt ist.
  • Sprache, die anstrebt, sich in der Welt und dem Fach der anderen auszudrücken, damit sie verstehen, worum es in der IT geht und was sie für das Krankenhaus und die Menschen darin tun kann.

Dabei können Bilder, sei es das Gesamtbild vom Krankenhaus oder Metaphern und Geschichten helfen.

Spätestens hier war uns in der Gruppe klar, dass das hier Erarbeitete sich nicht nur im Krankenhaus sondern auch in anderen Unternehmen und Zusammenhängen anwenden lässt.

 

Umsetzung

So miteinander zu kommunizieren kann man nicht einfach, zumal wenn sich andere Muster und damit die Kultur des miteinander Umgehens schon seit Jahren und Jahrzehnten in einem Unternehmen gefestigt haben.
Man kann es aber lernen. Am besten in der Wirklichkeit, indem man eine externe Moderatorin zu solchen Besprechungen hinzuzieht. Ich bin gespannt, ob ich demnächst als Moderatorin auf Reisen gehen werde, um in einem Krankenhaus Elche zu fangen.
Außerdem können IT-ler in enger Zusammenarbeit mit Nutzern eine gute digitale Berichterstattung auf- und ausbauen.

Zum Ende des Arbeitstreffens stellten die vier Gruppen einander ihre Ergebnisse vor. Auch bei den Methoden, den Werkzeugen und dem IT-Personal ging es immer wieder um Kommunikation und um Ausbildung und lebenslanges Lernen. Die besten Tools nützen nichts, wenn wir nicht wissen, wann, wo und wie wir sie einsetzen sollten.

Wie sagte einer der Teilnehmer: Jahrzehntelang hat sich IT im Krankenhaus und auch die forschende und entwickelnde Informatik und Medizininformatik an Universitäten und in Unternehmen darum gekümmert, leistungsfähige Krankenhausinformationssysteme für Kliniker, Patienten und Verwaltung zu entwickeln, zu verbessern und zu pflegen.

Es wird Zeit, dass der Schuster selbst gute Schuhe erhält oder mit einem anderen Bild: Dass der Waldarbeiter seine Säge schärft.

 

Fazit

Alte Bekannte und neue junge Forscher und Entwickler zu treffen und drei gestandene Praktiker in Heidelberg zu erleben, war sehr inspirierend. Ich freue mich auf den weiteren Austausch mit diesen Menschen.


Christa Weßel - Freitag, 13. Mai 2016

Zur Arbeitsgruppe mwmKIS - http://mwmkis.imise.uni-leipzig.de/de/Aktuelles

Zur Kommunikation

Und natürlich Watzlawick, Schulz von Thun, Schwarz und viele andere.

 

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