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Traditionell agil

Vom Sowohl-als-auch, dem Tanz mit den Elchen und Sozioinformatik auf der PVM2017

"Die Spannung zwischen dem Prozess und den Menschen im Projekt" war das Thema der PVM 2017, die gestern und heute an der Hochschule Darmstadt, kurz h_da, stattgefunden hat. Nachdem Menschen - vordergründig - in den letzten mehreren hunderttausend Jahren hierarchisch zusammengearbeitet haben, geht seit der Jahrtausendwende der agile Geist um: selbst bestimmt, kunden- und ergebnisorientiert, flexibel, kommunikativ und mit Respekt. Neu? Nicht neu, sondern einfach explizit. Es gab immer schon sowohl als auch.

 

"Ich bin hier zu fünft." - "?" - "Autorin, Vortragende, Mitglied des Organisationskomitees, Chair von zwei Sessions und Teilnehmerin." Wir kamen in einem Gespräch über das erste Prinzip der Wertschätzenden Erkundung (Appreciative Inquiry) darauf. Menschen konstruieren ihre Wirklichkeit und je nachdem, wie viele Perspektiven sie einnehmen, können auch mal mehr als eine Rolle dabei von Belang sein. Ein bisschen multiple Persönlichkeit steckt also in uns allen - und kann ein starkes Instrument sein. Friedemann Schulz von Thun beschreibt dies in seinen Büchern zur Kommunikation in etwas abgewandelter Form als das innere Team. Sie können es ja mal ausprobieren, wenn Sie etwas organisieren oder erarbeiten wollen: Was sagen Ihr innerer Manager, Software-Entwickler, Sekretär und auch der Hausmeister dazu?


Die PVM war auch 2017 wieder eine sehr gute Konferenz. Einige sehr gute Vorträge und interessante Open Space Sessions und vor allem der intensive Austausch in den Kaffee-, Mittags- und der Abendpause. Ganz im Sinn von Harrison Owen.


Besonders gefreut hat es mich natürlich, dass sich viele auf die Elch-Bücher freuen. Immer wieder kam die Frage: "Christa, wann ist es denn so weit. Wann lasst ihr die Elche los?" Blogger-Kollege Rudi Moos hat ja schon davon berichtet, dass wir im Sommer einen ziemlich herben Rückschlag im Veröffentlichungsprojekt erlebt haben (Rudi Moos, Blog vom 14. Juli 2017). Also ein ganz typisches Projekt. Wir mussten kurzfristig mit dem Buchsatz im Juli noch mal ganz von vorn beginnen. Die Veröffentlichung verschiebt sich um einige Wochen. Ganz mit Kollege Rudi Moos bleiben wir zuversichtlich: Es bleibt bei Oktober. Wird eben Ende Oktober.


Vorträge von Kolleginnen und Kollegen als Chair zu moderieren macht ebenso viel Freude. Ganz im Sinn von "Das Beste kommt zu Schluss" ging auch diese Konferenz zu Ende. Anna Feldmann von der Uni Osnabrück berichtete, wie ein IT-Dienstleister und die mit ihm zusammenarbeitenden Banken ein mehrjähriges Migrationsprojekt mit Hilfe der Kommunikation via Social Media bewältigen.


Also Sozioinformatik pur.


Die Zuhörenden waren sehr interessiert und es gab anschließend Zeit für Open Spaces, so dass ich die Chance genutzt habe, die Session fließend zum Open Space weiter zu moderieren.


Es war alles dabei.


Wie nutzen wir Social Media in unserem Arbeitsalltag und im Privatleben? Wie trennen wir diese beiden Felder? Zum Beispiel mit zwei Smartphones. Was wollen und brauchen unsere Partner für die Kommunikation? Wie können wir die Todesspirale einer elektronischen Wissensbasis verhindern? (Probst, Raub und Romhardt 2006, zitiert in Feldmann / Teuteberg 2017) Wie gehen wir mit negativen Äußerungen um, die sich aufzuschaukeln drohen? Risikomanagement für Social Media im Umgang mit Shitstorm. Kennen Sie Knowledge Broker? Das sind Menschen, die Wissen vermitteln. Die zum Beispiel in ihren Blogs nicht nur über eigene Arbeiten, sondern auch über die Arbeiten und Erkenntnisse anderer berichten. Sie tragen Quellen - Bücher, Artikel, Links - zusammen und stellen dies ihren Lesern zur Verfügung. Dass engagierte Mitarbeiter bei den Banken, die auch nach der Migration ihrer eigenen Bank weiter in den Foren aktiv sind, genau das werden können: Wissensmakler. (Einige Quellen zum Thema Knowlegde Broker finden Sie hier ...)


Und dass der Job von Anna Feldmann und Kollegen nie aufhört. Nach der Migration kann diese Plattform weiterleben. Die Nutzer wollen sich schließlich über die Weiterentwicklungen weiter austauschen, weiter lernen und weiter vom IT-Dienstleister unterstützt werden. Außerdem kann diese Plattform Beispiel und Framework für andere sein, die die Kommunikation der Menschen in ihren Projekten und Organisationen digital und analog führen wollen. Denn die Kaffeetasse wird nicht aussterben. Davon konnten wir uns auch wieder einmal auf der PVM2017 überzeugen.


Christa Weßel - Freitag, 6. Oktober 2017

 

Quellen

  • Feldmann A, Teuteberg F. Wie kann in Change-Projekten mit Hilfe von Social Media zielgerichtet kommuniziert werden? Eine fallstudienbasierte Untersuchung.
  • Weßel C. Vom „kam anders“ - Agilität in konservativen Unternehmen entdecken.  - PDF

Beide in: Volland A, Engstler M, Fazal-Baqaie M, Hanser E, Linssen O, Mikusz M (Hg): Projektmanagement und Vorgehensmodelle 2017 - Die Spannung zwischen dem Prozess und den Menschen im Projekt, GI LNI-Proceedings Band 276, Bonn 2017 (ISBN: 978-3-88579-670-1, ISSN 1617-5468).   


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