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Durchatmen in der Pandemie

Der Sommer ist da, mehr und mehr Menschen sind gegen COVID19 geimpft und die Ansteckungsraten gehen zurück, jedenfalls in weiten Teilen Europas, Nordamerikas, Afrikas und Australien. In Asien ist es ein sowohl als auch: Eine Karte der ECDC (European Centre for Disease Prevention and Control) zeigt es auf einem Blick. Gemessen werden Ansteckungsraten mittels des Inzidenzwertes, also der Anzahl der neuen, bemerkten und registrierten Erkrankungen in einem bestimmten Zeitraum für eine bestimmte Anzahl von Personen. Für Corona ist die Anzahl pro einhunderttausend Einwohner in einem Zeitraum von sieben Tagen üblich. Das Robert Koch Institut setzt seine hervorragende Berichterstattung fort. Dazu zählen in den Statusberichten auch Links zu Websites mit internationalen Zahlen, zum Beispiel von der ECDC [Quellenangaben und Links/URLs siehe unten: Lesestoff].

 

Nach einer langen Schreibphase mit wenigen Menschen drumherum war es gestern bei Sonnenschein schön, einfach mal wieder durch eine Stadt zu schlendern. Oldenburg ist ganz hervorragend dafür geeignet. Das Wetter prima, etwas über zwanzig Grad, sonnig, mit einzelnen Schauern. 

 

City

Joram Neumark: City
Joram Neumark: City

Los ging es mit einer Vorsorgeuntersuchung im Mammographie-Zentrum Oldenburg (27 Mai 2014 Vorsorgeuntersuchungen). Dort hängen Bilder des Künstlers Joram Neumark. Ein besonders schönes ist aus der Reihe "City" im Wartezimmer. Ein Anruf beim Künstler: "Ja, Sie können gerne ein Foto des Bildes in Ihrem Blog aufnehmen."

 

City passt, denn dann begann ein Stadtspaziergang, der sich von Nachmittags zwei Uhr bis in den Abend erstreckte. 

 

Menschen auf den Straßen, in Cafés und in den Läden. Oldenburg hat da etwas Besonderes zu bieten: zahlreiche Fachgeschäfte, die Inhaber-geführt sind. Die gute Nachricht: sie haben überlebt. Die Ungewissheit: wie lange werden wir neue Schließungen wegen wieder ansteigender Infektionszahlen befürchten müssen? Halten wir das durch? 

 

Ich bin zuversichtlich, wenn es Menschen und Geschäfte sind, wie 

 

Guarantweed Irish

in der Bergstraße ganz in der Nähe der St-Lamberti-Kirche und dem Alten Rathaus. Vom Pius-Hospital ging es in Schnörkeln durch die schöne Altstadt und dort von der Burgstraße in den Nikolaigang. Schon aus einigen Metern Entfernung sah ich an einer Hausecke ein Schild mit dem in keltisch anmutenden Buchstaben ausgeführten Schriftzug "Guarantweed Irish". Darunter ein Pfeil nach rechts in Richtung des gegenüberliegenden Hauses.

 

Da kommt kein Pub, da kommt ein Geschäft mit irischem Tweed. Autsch, da darf ich nicht rein. Das wird schwer: so viele schöne Dinge, die ich am liebsten gleich mitnehmen möchte und das, wo ich noch so schöne Dinge habe und reduce reuse recycle und selbst bauen, nähen, machen mein Motto ist (22 Apr 2020 Trockenheit und Pandemie).  

 

Der Laden wunderschön. Der Inhaber Karl Gerken erlaubte mir, Fotos zu machen, und dann ging ich doch hinein.

 

Zeitlose Klassiker in wunderbarer Qualität. Decken, Jacketts, Westen, Pullover, Schals, Mützen, Handschuhe, Socken und so weiter und so fort. Dieses Geschäft hatte mehr als ein Jahr der Pandemie mit mehreren Lockdowns und somit Schließungen überlebt. Wow. Da entstand die Idee, von solchen Geschäften und Menschen zu berichten. Also fragte ich Karl Gerken, ob ich von "Guarantweed Irish" in meinem Blog erzählen dürfe. Er stimmte nach ein paar Erläuterungen und einer Visitenkarte zu und erzählte die Geschichte des Geschäfts und somit auch seine Geschichte. 

 

Meine Bemerkung: "Sie sind erst zwei Jahre hier und dann gleich die Pandemie?!" beantwortete er mit oldenburgischer Gelassenheit und Humor: "Also eigentlich müsste eine Acht hinter die Zwei. Als ich vor zwei Jahren die Fünf weggenommen habe, wurden vorbeikommende Menschen neugierig. Ein neues Geschäft? Mit Sachen von der Grünen Insel?! Da habe ich mir gedacht, ich warte noch mit der neuen Zahl."

 

Diese neuen Kunden kamen während der Pandemie-Lockdowns eher selten vorbei. Treue Kunden kamen an die offene Tür zum verabredeten, persönlichen Kauf - natürlich unter Einhaltung der AHA-L-Regeln (14 Okt 2020 Schulen, Klimaanlagen und andere Impressionen). Persönlich, versiert und erfahren, freundlich und humorvoll. So habe ich Karl Gerken in unserem Gespräch erlebt. Andere Kunden an diesem Nachmittag haben es mindestens so wie ich genossen, im "Guarantweed Irish" zu sein. Und natürlich, es kam wie es kommen musste: Ein Traum von Flanell-Morgenmantel und ein Schlafanzug kamen mit mir mit auf den weiteren Stadtspaziergang.

 

Das Wort Guarantweed entstand durch die Ergänzung des Begriffes Guaranteed Irish, eine Kampagne in Irland für das Gedeihen der irischen Wirtschaft. Den Iren, die Karl Gerken auf seinen regelmäßigen Besuchen zum Beispiel zu Messe im Februar in Dublin (wieder)trifft, gefällt's. Mir auch. Und vielleicht ja auch Ihnen, wenn Sie mal durch Oldenburg schlendern. Reisen geht ja nun wieder und ich wünsche Karl Gerken, dass er im nächsten Februar nach der Pandemie-Pause wieder in Dublin sein kann. 

 

Reisebegegnungen

Der Nachmittag neigte sich dem Abend zu. Weiter ging es Richtung Marktplatz mit dem Alten Rathaus und der St.-Lamberti-Kirche. Buntes Treiben, ein Straßenmusiker und leckere Essensdüfte lockten mich auf die Terrasse des Ratskellers. 

 

Nach einer Weile setzte sich eine Frau an den Nachbartisch. Wir kamen ins Gespräch. Sie besuchte ihre alte Heimat. Sie hatte in ihrer Jugend in Oldenburg gelebt und nun seit mehrere Jahrzehnten - welch Zufall - in Frankfurt am Main. Da hatten wir uns Einiges zu erzählen. Da sie außerdem Kollegin ist, gab es auch dies und das zur Pandemie und den sich verändernden Lebenskulturen.

 

Der Schnupfen und die Lungenentzündung: Leben 4.0 und die Pandemie

Wenn Menschen einen langdauernden Schnupfen haben, einen Virusschnupfen, und sich dann eine Infektion mit Bakterien in der Lunge zuziehen, kann eine Lungenentzündung entstehen. Dann werden sie richtig krank.

 

Die Kollegin nickte. Dieses Bild verwendete ich dann für das Leben 4.0 mit der Pandemie oben drauf. Etliche Menschen mögen gut durch die Pandemie kommen. Jedoch höre ich in Gesprächen mit Eltern von Jugendlichen, Lehrerinnen und Lehrern, Psychologen und Therapeuten oftmals Folgendes: Wenn ein junger Mensch sich gut mit sich allein beschäftigen kann und ein paar gute Freunde hat, ist es für ihn leichter. Menschen, die von "Freunden" abhängig sind, denen geht es nicht gut. Kein "digitaler Freund" und keine noch so große Anzahl von "Likes" und "Clicks" kann persönliche, menschliche Begegnungen ersetzen. 

 

Hinzu kommt, dass Armut die Gefahr erhöht, in der Schule und im privaten Leben zu einem Verlierer im Leben 4.0 zu werden. Auch wenn Wikipedia selbstkritisch anmerkt, dass der Artikel "Armut" aktualisiert werden muss, so halte ich ihn doch für gut, um einen Einstieg in das Thema zu finden. Beispielsweise weil dieser Artikel den Begriff umfassend definiert:

 

Armut

Armut bezeichnet im materiellen Sinn (als Gegenbegriff zu Reichtum) primär die mangelnde Befriedigung der Grundbedürfnisse (vor allem nach Nahrung, Wasser, Kleidung, Wohnraum, Gesundheit). Der Mangel an Geld ist hingegen nicht zwangsläufig mit Armut gleichzusetzen, sofern Subsistenzstrategien vorhanden sind, mit denen die Bedürfnisse anderweitig gedeckt werden können. Stärker auf den Mangel an finanziellen Mitteln bezogen ist der bisweilen synonym verwendete Begriff der Mittellosigkeit.

 

Im weiteren und übertragenen Sinn bezeichnet Armut jeglichen Mangel. Der konkrete Inhalt des Begriffes variiert dabei je nach historischem, kulturellem oder soziologischem Kontext und basiert teilweise auf subjektiven und zum Teil emotionalen oder kulturell geprägten Wertvorstellungen.

[…]

 

(Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. Seite „Armut“. Bearbeitungsstand: 6. Juni 2021, 07:09 UTC. URL: https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Armut&oldid=212715841 (Abgerufen: 7. Juli 2021, 09:43 UTC)

 

Das Glossar des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales auf seiner Website zum Armuts- und Reichtumsbericht definiert Armut nicht. Besuchenswert ist die Website allemal, da es hier den derzeit jüngsten Bericht von 2017 und seine Vorläufer zum Download sowie umfangreiches statistisches Material online gibt.

 

Mal sehen, wann es einen aktuellen Bericht gibt und was dieser in einer Pandemie sagt. "In", weil die COVID19-Pandemie noch nicht vorbei ist: 02 Jan 2021 Marathon.

 

Der Begriff "Leben 4.0" ist angelehnt and den Begriff "Internet 4.0", dem "Internet of Things:

 

2015 +/- Internet of Things (4.0): Vernetzung und Interaktionen von Rechnern und Maschinen für die Produktion, also die Herstellung von Waren, das Erbringen von Dienstleistungen oder eine Kombination aus beidem. Aufgaben im Internet 4.0 sind beispielsweise die Steuerung von Verkehrsströmen, Wasserver- und Entsorgung, medizinischen Geräten und Stromerzeugung. 

(Weßel C, 2021. Sozioinformatik. S. 35 - Ein paar Seiten später, im Kapitel "Leben 4.0: Mehr als das Internet of Things" geht es um das Leben 4.0 auch in der Pandemie.)

 

Die Kollegin und ich sind beide durch unser Arbeit mit Kindern und Jugendlichen und die Erfahrung mit ihrer Kreativität und Ausdauer zuversichtlich, dass die "kids" auch dieses bewältigen werden. Und dass die Aufgabe eines jeden Erwachsenen darin besteht, für die Bedürfnisse der kids aufmerksam zu sein, zu bemerken, wenn jemand Unterstützung braucht und diese zu geben. In der Form, in der sie oder er es kann.

 

Gegen halb zehn wurde es kühl. Das gute Essen war verspeist. Die Kellnerin verabschiedete uns herzlich und dann ging es für die Kollegin ins Hotel und für mich auf dem Rad über den Marktplatz und den Schlossplatz am Schloss vorbei nach Hause. Was für ein Kulisse diese Stadt hat. Mit ihrer Altstadt, der Hunte, der Binnenschifffahrt, dem Tidenhub (der Unterschied zwischen Niedrigwasser, Ebbe, und Hochwasser, Flut, beträgt zweieinhalb Meter auch hier, einige Kilometer entfernt von der Nordsee stromauf der Weser und der Hunte) und vor allem den Menschen, die hier leben. 

 

Christa Weßel - Mittwoch, 07 Jul 2021

 

Lesestoff

  • Weßel C. Sozioinformatik. Von Menschen und Computern und Bibern. Weidenborn Verlag 2021.

Weitere Quellen in Corona … Eine Quellensammlung

 

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